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Raketen - USA - Personen - Biographien

Das journalistische Leben des Adalbert Bärwolf

Das Leben von Adalbert Bärwolf  war reich an unglaublichen Erlebnissen und Ereignissen, die er ganz gezielt für und in seine spätere Arbeit als Fachjournalist einsetzte.

Im 2. Weltkrieg war er der Erste, der mit seinem Aufklärer Me 109 G-8 am 6. Juni 1944 die Alliierte Landungsflotte an der Ornemündung aus dem Nebel auftauchen sieht /1/. Die ewig zitierten Memoiren Generals Speidels („kein Flugzeug hätte den Raum der Normandie erreicht“) wurden dadurch korrigiert. Wegweisend sollte das Drama seines  Abschusses am 19. Juli 1944 werden. Sein amerikanischer Widersacher, der Bärwolf in die Gefangenschaft schoss, outete sich 1958 in einer Brauerei nahe dem SAC-Hauptquartier in Omaha gegenüber seinem damaligen Gegner /2/: Lt. Col. William McGinty schlug ihm vor, auf Dauer in die USA zu gehen und dort über die Luftfahrt und Raketentechnik zu berichten. In der Raumfahrtära wird er für Bärwolf nicht nur weitere Türen öffnen  - nein auch die Vorstellung des Pressechefs der Mercury-Astronauten, „Shorty“ Powers, verschaffte Bärwolf ein recht seltenes Exklusivinterview mit allen „Glorreichen 7“ /3/.

Aber auch politische und juristische Sujets kamen von Bärwolfs Hand. Als im November 1963 die Nachricht vom Mord an John F. Kennedy um die Welt ging, war Bärwolf durch die günstige Wohnlage der erste, der für „Die Welt“ schnellstens Einzelheiten übermitteln konnte /4/.

Der ehemaliger Pilot bekam als Journalist drei traumhafte „Mitfluggelegenheiten“: Im Mai 1956 konnte er mit der Fliegerlegende Charles Yeager durch die Lüfte düsen /5/. Dass das Flugzeug eine T-33 war, hatte er damals noch nicht schreiben dürfen. Genau ein Jahr später gab es kleine Konflikte auf dem internationalem Parkett. Bärwolf wurde es als ersten europäischen Journalisten überhaupt gestattet, in einem Überschall-Jet mit über Mach 1 zu fliegen /6/. Pikanter Beigeschmack: Es war eine britische Hawker Hunter und er war Deutscher!
Im Februar 1962 war es Thomas Stafford, der Bärwolf in einer T-38 recht ordentlich durchschüttelte. Damals war Tom Stafford 32 Jahre jung und Testpilot und stand kurz vor der Berufung in den Astronautenkader.  In den Jahren sollte er vierfacher Raumfahrer und bester Freund von Bärwolf werden /7/.

Als der erste SPUTNIK um die Erde kreiste, formulierte Bärwolf es sehr passend: „Das Unglaubliche ist geschehen.../8/“. Ab sofort wird der Wettlauf zwischen Ost und West sein „Steckenpferd“ und er wird Details enthüllen, die „Die Welt“ zur führenden Zeitung in der Technologieberichterstattung werden lässt.
Doch bereits mit seinem Buch von 1956 „Da hilft nur beten“ veröffentlichte Bärwolf Details u.a. auch über die sowjetische Raketenentwicklung hinter dem „Eisernen Vorhang“. In diesem Buch wird erstmals in einer Skizze die vielzitierte R-14 (G-4) dargestellt. Sie wird einem Dr. Schulz zugeschrieben. Doch es ist klar, dass solche komplexe Entwicklungen „Teamarbeit“ ist. Meines Erachtens führender Konstrukteur auf Gorodomlja, der Insel für die „weißen Sklaven“, war Konrad Toebe /9/. Beide gaben ihre Informationen amerikanischen und britischen Geheimdiensten weiter, die daraus die ATLAS werden ließen. Die UdSSR adaptierte die R-14 zur Erststufe der vielgerühmten R-7. Beide Weltraumgroßmächte aber leugnen bis zum heutigen Tag, dass Deutsche etwas mit ihren ICBM zu tun hätten. Ob Bärwolf mir heute helfen könnte, es zu beweisen?
Die Begründung der „Taten“ von Schulz, Toebe und Kollegen: „Gleichnis der Informationen = Gleichnis des Schreckens = Militärischer Patt“? Wir haben es „Gott sei Dank“ erlebt...
Bärwolf erhielt die Informationen für diese „von der Aktualität her stärksten Bücher, die wir je ernst genommen haben“ /10/, aus erster Hand: Wolf Trommsdorff, auch verschleppt in der UdSSR gewesen, wurde von Bärwolf in einem Hotelzimmer zu seinem Leben und den Entwicklungen im sowjetischen militärisch-industriellen Komplex tagelang interviewt (siehe S. 50!). Es wurde ein aufklärendes Buch mit dem anfänglichen Titel „... führe sie nicht in Versuchung“ und mit folgendem Ziel: „Mit wissenschaftlicher Exaktheit reiht Adalbert Bärwolf Tatsachen an Tatsachen und zeigt den Bannkreis des Infernos und die ganze Weite der Bedrohung unseres zukünftigen Lebens. Er findet auch die ersten Spuren eines neuen Weges, der aus dem tödlichen Zauberzeichen, den Formeln der Vernichtung herausführt“ /11/. Man war zu optimistisch! Sputnik sollte alles noch verschärfen, an Stelle entkrampfen.
Doch mit diesem Buch begann Bärwolf seine lexikalische Dokumentationen: Seine Veröffentlichungen sollten immer einen Anhang technischer Einzeldaten oder Erläuterung der Fachausdrücke beinhalten.

Wenn ich dann so seine Bücher las, zuckte es plötzlich in mir und ich dachte  –  das kenne ich doch?
Beispiel 1: Shepards Parabelflug beginnt. „Debus hätte durch seine lange Erfahrung ein Abweichen vom gewohnten Muster im Gasstrahl sofort erkannt und die Kapsel mit Shepard vor der drohenden Explosion durch einen Knopfdruck von der Rakete absprengen können. Doch Debus stellte 3,4 Sekunden nach dem Abheben fest :»All diamonds ok!« Deutlich waren die „Diamanten“ im Strahl zu sehen“ /12/. Ein Foto mit Widmung von Debus aus der einzigartigen Sammlung von Adalbert Bärwolf gibt genau diese Worte wieder.
Beispiel 2: „In meinen Jahren in Amerika habe ich einige Stories geschrieben, die 14 Bände füllen“ /13/. Dabei fällt mein Blick auf 14 marineblaue Kunststoffordner, die fein säuberlich alle Artikel von Bärwolf, ausgeschnitten und auf Papier aufgeklebt, enthalten. Einen Journalistenpreis hatte er für all seine Ausführungen nie erhalten.
Beispiel 3: Adalbert Bärwolf interviewte Hunderte von Persönlichkeiten. Unter Ihnen Hubertus Strughold, Weltraummediziner der ersten Stunde. Dabei schenkte Strughold ihm das Buch von Jules Verne „Doctor Och´s Experiment“ und zertifizierte es mit einer ballistischen Kurve aus seiner Feder. „Und dann setzte Strughold meinen Namen in die neue ballistische Kurve und schrieb in das Buch: »Glänzender Schriftsteller über die Menschen im Kosmos, mit herzlichen Grüßen und besten Wünschen von Hubertus Strughold, Texas 1965«. Nun hatte ich doch einen großen Preis erhalten...“ /14/. Ich ziehe das Buch aus dem Regal – darin steht es genauso geschrieben…

Bärwolf war lange Zeit der erste ausländische Korrespondent auf  „Kap Kennedy“ wie er anfänglich gern eindeutschte. Die in blühenden Farben beschriebene Goldgräberstimmung in Cocoa Beach macht den Erfolg seines ersten raumfahrttechnischen Buches aus – „Brennschluss + Rendezvous mit dem Mond“ ist einzigartig und enthält im Vorwort Bärwolfs dringlichsten Wunsch - heute aktueller denn je:
„Die Raumfahrt kennt wie die Atomtechnik und jede Technik, so hat es John Kennedy gesagt, kein Gewissen. Es liegt in den Mächtigen der Erde, mit ihrer Macht der Technik das fragwürdige Geschick der Bewohner unseres Planeten zu lenken...“ /15/.

Die hier beigefügten Briefe an Bärwolf mögen sein Können belegen.

©copyright Pi



Quellenverzeichnis

/1/        Die Welt; 01.06.1984
/2/        Die Geheimfabrik; S. 108
/3/        Brennschluss; S. 121
/4/        Nachrichten für unsere Mitarbeiter; Verlagshaus Die Welt; 27.11.1968
/5/        Die Welt; 05.05.1956
/6/        Die Welt; 13.05.1957
/7/        Die Geheimfabrik; S. 38
/8/        Die Welt; 05.10.1957
/9/        Peenemünde und seine Erben in Ost und West, Bernard & Graefe Verlag; S. 237
/10/      Abendpost, Frankfurt/Main; 26.02.1957
/11/      Verlagsprospekt Dr. L. Muth Verlag Düsseldorf, September 1956
/12/      Brennschluss; S. 26
/13/      Die Geheimfabrik; S. 143
/14/      Die Marsfabrik; S. 103
/15/      Brennschluss; S. 10





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Bärwolf und McGinty rekapitulieren ihren Luftkampf


Vor dem Flug mit Thomas Stafford werden alle Manöver durchgesprochen