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Aggregat - Personen - Biographien - Dannenberg  

Nachruf auf meinen Freund Konrad Karl-Hermann Dannenberg

* 5. August 1912 in Weißenfels (Deutsches Reich); † 16. Februar 2009 in Huntsville, Alabama (USA)

Die „großen“ Internetplattformen, aber auch die Gazetten outen sich als voreingenommene Medien. Konrad Dannenberg wird vordergründig IMMER mit der „V2“ in Verbindung gebracht. Dort hat man die „Agitatorwörter“ der Nazis förmlich inhaliert. „Suum cuique“? Das lässt für den diesjährigen 40. Jahrestag der Epoche machenden ersten bemannten Mondlandung, unabdingbar mit Wernher von Braun und seiner „Deutschen Mafia“ (so nannten sie sich ironisch selbst!) verbunden, Schlimmstes erwarten.
Konrads Leben ist im Web ausführlich dargelegt. Und doch fehlt mir irgendetwas – ein ganz persönlicher Einblick in ein Forscher- und Konstrukteursleben, der sich interessanter liest, als all die plumpen Anschuldigungen auf Ereignisse, die 1000 Jahre zurück liegen…

Ich hatte die Ehre, fast 12 Jahre mit Konrad Dannenberg im direkten Kontakt gewesen zu sein. Und ich möchte etwas daraus berichten – als „Danksagung“ für einen echten Freund, der mit mir förmlich durch das Aggregat 4 wandelte…
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Am 13. Mai 1997 schickte ich meinen ersten Brief an Konrad – so durfte ich ihn später sehr intim nennen. Ich erhielt, wie so oft, seine Adresse von meinem Freund Otto Kraehe. Und ich „bombardierte“ ihn gleich mit meinen Fragen zu den deutschen Brennkammern, ihren amerikanischen Weiterentwicklungen und Hintergründen zu ihren Konstrukteuren, eingebettet in die jeweilige Zeitepoche. Trotz veralteter Adresse und Weiterleitung an seine aktuelle, schrieb Konrad am 24. Mai bereits eine Antwort, die genauso geballte Informationen enthielten. Ich erfuhr Näheres über den genialen Konstrukteur der TH  Dresden, Hans Lindenberg, den sie nur „Vati“ Lindenberg nannten; las über den Einfluss von Walther Riedel (Riedel III) auf die Redstone-Entwicklung und freute mich darauf, ihn im Herbst in Deutschland zu treffen. Im Rahmen einer Vortragsreise, auch zum IAF-Kongress nach Turin, wo er über seinen am 6. Januar 1997 verstorbenen Freund, den Historiker Mitchell R. Sharpe, Jr. referieren wollte, sollte seine Reise quer durch Deutschland bis nach Peenemünde führen. Wie gesagt, sollte.
Ich war überwältigt und freute mich auf ein Treffen mit einem Experten der deutschen Raketenbrennkammerentwicklung. Sogar eine Gelegenheit zum Vortrag an der TU Dresden hatte ich eruiert. Es braute sich aber etwas Böses zusammen – nicht zum ersten und auch nicht zum letzten Mal…
Mit Fax vom 12. Juli teilte mir Konrad mit, dass er „aus Alters- und Gesundheitsgründen die Reise nach Deutschland und Peenemünde und Dresden doch abblasen“ müsse. Doch das war nur die halbe Wahrheit. Mit Brief vom 18. August 1997 legte Konrad noch einmal nach: „Meine Deutschlandreise wurde … auch mit aus dem Grunde abgesagt, dass alle Nachrichten die ich hier über Peenemünde erhalte so ausgesprochen negativ sind. Man will dort wohl ein anderes Dora-Memorial errichten und nur über KZ-Zustände berichten, aber nicht über die Entwicklung der Raketentechnik, die dort vor sich ging. Solche Unternehmen kann ich weder mit meinem Geld noch mit meiner persönlichen Anwesenheit unterstützen“.
So blieb in den folgenden Monaten nur die Post und das Telefon, um sich zu unterhalten. Das Buch von Herrn Michels und mir „Peenemünde und seine Erben in Ost und West“, das ich ihm schickte, entlockte ihm bereits nach einem ersten flüchtigen „Hineinlesen“ mir schmeichelnde Worte: „Basierend auf dem, was ich schon gelesen habe, gefällt mir das Buch ausgezeichnet“.
Im August 1998 erwähnt Konrad, dass er für den IAF-Kongress in Amsterdam im Oktober 1999 plant, letztmalig „übers große Wasser“ zu kommen. Bei dieser Gelegenheit würde er sogar mich in Dresden besuchen wollen! Doch dann schon 87-jährig, wäre ein entscheidender ungewisser Punkt seine Gesundheit. Zwischenzeitlich schickte mir Konrad ein Video über „Backfire“ und diverse Publikationen über die ich mich sehr freute. Wieder konnte man über gemeinsame Dinge diskutieren.
Im Februar 1999 kam nach längerer Pause endlich wieder Post aus Madison. Konrad musste seine bereits operierte Hüfte neuerlich auswechseln lassen: „Ich ging im Dezember ins Krankenhaus, verbrachte dort Weihnachten und Neujahr und war dann noch anschließend in einer Therapie-Klinik für etwa zwei Wochen. Alles dies war für eine neue Hüfte, da die vorherige immer sehr schmerzhaft aus dem Hüftgelenk kam und wieder „eingerenkt“ werden musste. Das passierte zweimal im vorigen Jahr, und mein Knochendoktor schlug vor eine neue Konstruktion einzusetzen, die das mehr oder weniger – nicht absolut – verhindert“.
Im März sprang Konrad schon wieder auf hunderten Hochzeiten: „Ich bin zur Zeit sehr busy mit Interviews. Fast täglich einer von den Franzosen, den Japanern, den Engländern etc. Sie bereiten sich alle für eine Review des jetzigen Jahrhunderts und der 30-jährigen Mondlandung vor. Ich habe auch Einladungen Vorträge über die guten alten Tage zu geben. Bin demnächst in Tuscaloosa, in Orlando und am Cape in Florida. In meinem Alter hält das einen doch dauernd am Laufen! Dies ist aber ein „Probelauf“ für meinen Europa-Trip. Mal seh´n, wie das so ausgeht!
Konrad schickte mir dann sofort EXKLUSIV aus Florida eine Kostbarkeit: Ein Foto von sich, recht stabil stehend, vor dem Blockhaus am Startplatz 5/6 mit Widmung!
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Mit Fax per 23. Juli eröffnete mir Konrad, dass sein Sohn Klaus ihn endgültig überzeugt hätte: Er wird im September im Rahmen des Treffens der „Interessengemeinschaft Ehemaliger Peenemünder“ nach Deutschland kommen. Die Zeit wird aber nicht reichen, einen Abstecher nach Dresen zu machen. Also „musste“ ich hoch in den Norden auf meine Lieblingsinsel. Das waren aber alles in allem wieder gute Nachrichten und ich wollte endlich meinen „Briefpartner“ persönlich kennen lernen.
Das Treffen mit Konrad in Peenemünde am 18. September war kurz aber intensiv. Ich ließ mein Diktiergerät mitlaufen und hatte eine ganze Stunde Konrad für mich allein…
Es wurde im Grunde eine Kurzfassung seines Lebens mit der Rakete. Die Zusammenfassung des Gesprächs folgt hier:
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Sehr ausführlich kann man das im Vortrag von Konrad Dannenberg zum ersten und einzigen IAF-Kongress in der DDR – im Oktober 1990 in Dresden - nachlesen. Eine Kopie ist hier:
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Im Januar erhielt ich erstmals „Konnies Jahresbericht“, der im Resümee auf das Jahr 1999 ausführlich einging. Für alle Interessierte hier die Kopie:
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Anfang 2000 bekam ich sehr überraschend eine neuerliche Einmaligkeit von Konrad. Im Vorfeld schickte ich ihm meine Artikelserie über die Weiterentwicklung des A4-Motors in der UdSSR (siehe hier unter Gerät - Publikationen – Aufsätze): Eine Anerkennung meiner historischen Arbeit in der Raketentechnik auf einem Vortragstitelblatt in Erinnerung an Hermann Oberth von einem AIAA-Kongress in Arlington – eine unglaubliche Ehrung, die fortan über meinem Schreibtisch hing:

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Was 2000 sonst noch alles um Konrad herum passierte, ist in seinem 2000er-Bericht nachzulesen:
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Wenn man die Inhalte der ganzen Briefe Revue passieren lässt, ist es schon unglaublich, welchen Elan Konrad an den Tag legte. Ich hätte ihn mal fragen sollen, wieviele Kilometer er so im Jahr im Auto runterschruppt. Und das mit 90 Jahren! Dazu kommt, dass die Aktivitäten der Kontakthaltung immer öfters über den elektronischen Weg gingen. Unglaublich für einen „alten Mann“. Doch der Nachteil ist, dass die meisten Mails von damals ich nicht abgespeichert habe und leider verlustig sind. So bleiben mir nur die Briefe in der „Hardwareausgabe“.
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2001 kam endlich das Buch von Kurowski über Arthur Rudolph auf den Markt. Konrad musste ich nicht überreden, exklusiv für die Raketen*Post eine Rezension zu schreiben. Das wurde in Folge fast ein Politikum und wieder einmal outeten sich „Besserwisser“.
Hier die Rezension von Konrad aus meiner Raketen*Post Nr. 20:
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Anfang 2002 diskutierten wir ausführlich über mögliche Ehrungen von Wernher von Braun und seiner Gruppe in Deutschland. Die „Interessengemeinschaft“ wollte ja z.B. u.a. im Haus Ingeburg in Oberjoch eine kleine Erinnerungsplakette anbringen (realisiert am 3. Oktober 2003). Die Probleme und „Irritationen“ im Vorfeld waren Konrad voll bewusst und er schrieb mir, wie allein durch die „Raketenbauer“ das verschlafene „Nest“ Huntsville zur weltbekannten „Rocket City“ wurde: „Hier in Huntsville ist der Name von Braun im positiven Sinne bekannt. Wir haben das „von Braun Civic Center“ in der Stadt, wo alle wichtigen Veranstaltungen stattfinden. Die Universität hat de „von Braun Research Hall“, eines der wichtigsten  Gebäude, und die Armee wird demnächst den „von Braun Office Complex“ bauen und unter diesem Namen betreiben. …
Das „von Braun Team“ wird hier ebenfalls positiv anerkannt, wird aber immer kleiner. Unlängst hat auch das Space Center das V2/A4 wieder ausgestellt, sodass alle Besucher es inspizieren können. Zur „Eröffnung“ hatten wir eine kleine „Oldtimer Party“ mit Ernst Stuhlinger, Gerhard Reisig, Walter Jacobi, Werner Dahm, Hans Fichtner, Heinz Kampmeier, Ruth von Sauerma (Verantwortliche für Internationale Verbindungen des MSFC unter Wernher von Braun – Anmerkung Przybilski) und mir nebst anderen Gästen und Space Center-Angestellten. …
Letzten Donnerstag hatte der National Space Club das 14. „Wernher von Braun Forum“ im „von Braun Civic Center“.“
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2002 stand DER Geburtstag an: Konrad wurde 90 Jahre! Die Geburtstagsgrüße musste er wegen der hohen Anzahl der Übermittler der Einfachheit halber per E-Mail erwidern. Die Dankesworte sind hier abgelegt:
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Im Mai 2003 erhielt ich u.a. ein Buch, das Konrad maßgeblich mit initiierte und als Herausgeber zeichnete: „50 Years of Rockets and Spacecraft in the Rocket City“. Der farbige Schutzumschlag ist recht schön, doch darunter verbirgt sich ein echt ledergebundenes Werk mit Inhalten, die so richtig für einen an der Historie Interessierten gemacht sind.

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Das Buch, finanziell ermöglicht von den „Ausgeschiedenen“ des MSFC (NASA-MSFC Retiree Association), wurde maßgeblich vom ersten Direktor des Space and Rocket Centers in Huntsville, Ed Buckbee, der gleichzeitig zwischen 1999 und 2002 Präsident der Association war, betreut. 
Dieses ausgezeichnete Übersichtswerk lässt jedes Raumfahrerherz höher schlagen. Nie gesehene Fotos aus den Anfängen des Zentrums und ganz persönliche Einsichten unterschiedlichster Menschen in die Struktur und Ansichten ihrer führenden Persönlichkeiten geben diesem großformatigen Buch seine Höhepunkte. An zentraler Stelle steht selbstverständlich der Direktor des MSFC von 1950 bis 1970 – Wernher von Braun. Konrad hatte einen Großteil der Texte initiiert und koordiniert.
Dem mir geschenkten Buch lag, neben einer „obligatorischen Widmung“ auf dem Vorsatzpapier von Konrad an mich, auch ein Brief bei, den ich teilweise hier mit ablege. Darin u.a. auch Fakten zu Konrad Dannenbergs Weg durch die NASA:
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Das Jahr 2003 war gerade im Herbst von zwei Highlights gekennzeichnet. Zuerst berichtete Konrad im Oktober über die Festivitäten zu „100 Jahre Motorflug“ – mehr ist dem Programm zu entnehmen.
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Darunter ein Punkt, der mir damals nicht sonderlich „hängen blieb“, obwohl sogar Konrad einen extra Flyer schickte:
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Der Referent Bob Ward sollte mir drei Jahren später durch die Connections von Konrad vorgestellt werden. Und dieses Treffen wirkt bis heute nach…

Dann im November 2003 musste ich mal wieder analytische Kriminalistik betrieben. Konrad schickte mir Bilder eines Schlüssels, die es in sich hatten.
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In Verbindung mit Freunden der Materie versuchten wir zuerst zu analysieren, ob das „Teil“ echt war oder eine Fälschung. Reineweg die äußere Optik und der Erhaltungszustand, zuzüglich des Firmenstempels auf der Rückseite, sollte man an ein authentisches Exponat denken müssen. Das bewegliche Frontschild sieht sehr martialisch aus – das Hakenkreuz als Hoheitszeichen aber dann doch typisch. Das Heereswaffenamt stempelte alle ihre geprüften Erzeugnisse mit einem stilisierten Hoheitszeichen ab. Für einen wichtigen Schlüssel können die Aufwendungen diesbezüglich schon aufwendiger sein. Wertvolle Hinweise ergaben sich aus den Bezeichnungen „HVP“ (Heeresversuchstelle Peenemünde), „Fertigungsstelle Peenemünde“ und „F1“ (Fertigungshalle 1 = F1). Das ließ zu allererst auf einen recht frühen Entstehungszeitpunkt und eine exakte Gebäudezuordnung schließen. Die 35 deutet vielleicht auf das „Gebäude 35“ aus den grundsätzlichen Planungsunterlagen hin? Es sollte ein Schlüssel für eine wichtige Tür sein. Damit er nicht verloren ging, befestigte man dieses wuchtige „Schild“ daran. Dass es 35 Schlüssel für die Tür/das Tor der Fertigungshalle 1 gegeben haben soll, kann angezweifelt werden. Auch als Petschaft ist es nicht zu gebrauchen, da die Schrift nicht spiegelverkehrt eingraviert wurde.
Damit war Konrad zufrieden, schrieb es der Person, die angefragt hatte und leider verlief dann der Kontakt im Sande. Wo mag dieses einmalige Artefakt heute schlummern?

Machen wir einen großen „Zeitsprung“. Anfang 2005 „drängelte“ Konrad mich, doch endlich mal nach Huntsville zu kommen. Mittlerweile hatte ich auch noch andere mich interessierende Personen kontaktiert. Besonders ist hier die Witwe des genialen Kreiselkonstrukteurs Dr. Fritz Mueller zu nennen. „Uschi“ Müller hat mich und erst recht meine Frau später ins Herz geschlossen. Wir hatten herrliche Tage zusammen, auch bei Ihren Besuchen in Deutschland und ich durfte den Nachlass ihres Mannes „erben“, der der Grundstein für das „Dr.-Müller-Kreiselkabinett“ in einem „Dresdener Museum“ sein wird.
Nun musste man an die Reiseplanung gehen und auch anfragen, was man alles in Huntsville sehen/besichtigen möchte. Dabei war Konrad rührend und schrieb mir regelrecht einen „Schlachtplan“ auf.
Als meine Frau hörte, was ich vorhatte, meinte sie, da könnte man doch gleich zusammen Urlaub machen, all das ansehen, was von Interesse ist und Spaß macht. So ging unsere 15-tägige Tour am 16. März 2006 von Dresden via Frankfurt nach New York, dann mit dem Bus nach Washington, über Houston nach Huntsville mit dem Flieger, mit dem Auto über Panama City Beach nach Titusville nach Florida und von Orlando aus wieder nach Hause. Wir werden diese Reise mit den prägenden Eindrücken, den unvergleichlichen Erlebnissen und nur netten Bekanntschaften nie vergessen.

Hier eine kurze Zusammenfassung der Tage in Alabama aus Raketen*Post 32 (mehr siehe dort!): Ich fuhr gleich am ersten Tag mit Konrad durch das Marshall Space Flight Center, das Redstone Arsenal, besichtigte die Räumlichkeiten, wo Wernher von Braun arbeitete, schaute in das Raketenantriebslaboratorium rein etc. Von den Stätten auf dem Gelände durfte ich leider keinerlei Fotos machen (militärisches Gelände und „11. September“!). Doch von den Prüfständen, wo zum einen die Jupiter/Saturn 1 und zum anderen die riesige Saturn V-Erststufe gebrannt wurden, nahm ich mir jeweils einen Betonbrocken für meinen „Gedenkstein“ mit…
An zwei Tagen war ich im Space Camp und Konrad war mein kundiger Führer. Man hätte alles mit einem Camcorder aufzeichnen sollen… So verbleiben die Erinnerungen im Herzen und erneuern sich zu den Anlässen im inneren Auge.
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Auch die im Space Camp gesichteten Akten, vorrangig die von Dieter Huzel waren hoch interessant und ich durfte mir alles kopieren. Irene Willhite, Kuratorin  der Ausstellung, unterstützte mich sehr und deutete an, dass man sicher in Zukunft einige Leihgaben erhalten könnte. Diesbezüglich war auch eine kurze Zusammenkunft mit dem Leiter des Space Camps, Mr. Larry R. Capps nützlich, die selbstverständlich Konrad bewirkte.
Konrad organisierte auch ein Treffen mit Bob Ward, dem Autor einer sehr persönlich gehaltenen Biographie von Wernher von Braun, „Dr. Space“. Ein sehr sympathischer Herr, mit dem wir uns sofort sehr gut verstanden. Eine glückliche Fügung war es, dass dies gerade am 23.04. stattfand – am Geburtstag von Wernher von Braun, so dass wir auch ihn in unsere Gedanken einschlossen.
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Für alle einseitigen Meinungsmacher an dieser Stelle ein Lesehinweis: Wenn Ihr „Schwarz-Weiß-Maler“ Wernher von Braun „Faustsche Manieren“ andichten wollt, so beachtet, dass sowohl Faust, als auch Wernher von Braun, wie auch andere intelligente Menschen, die nachdenken, sich entwickeln können. In Bob Wards Buch ist u.a. ein Briefwechsel von von Braun nachlesbar, der sämtlichen Anschuldigungen eine Antwort entgegensetzt. Nachzulesen hier auf diesen Seiten.

Ich war in Huntsville mit Konrad stundenlang im Gespräch. Ob im Gästebus in den Zentren, im Space Camp oder bei ihm zu Hause. Ich fand, dass er es genoss, sich mit mir zu unterhalten über Brennkammerdetails und Entwicklungen nach dem Kriege. Viel wollte er auch über die Experten wissen, die in die UdSSR verschleppt wurden. Ich konnte ihn „aufklären“, dass z.B. Helmut Gröttrup nicht ohne Grund den „engeren Kreis“ der „Wernher von Braun-Gruppe“ verließ. Er musste/wollte sich vor den Androhungen der SS in Sicherheit bringen und zu Frau und Kinder gehen…

Konrads Wohnung atmete Geschichte. Überall hingen Erinnerungen an Arbeitskollegen und Astronauten. Sogar Tschertok hatte sich mit Widmung auf einem N1-Bild eingefunden. Der Mac-PC wurde im Alter und mit den Beschwerden der „alten Knochen“ ein weiteres Fenster in die weite Welt. Und er nutzte sie Gott sei Dank ausgiebig.
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Insgesamt war es sehr erstaunlich, dass all die von mir Besuchten in diesem hohen Alter noch so fit waren – sowohl körperlich als auch geistig.
Rückblickend ein richtiger Zeitpunkt meines Besuches…

Im Oktober 2006 stand ein großes Raketentreffen in Dresden an – mehr ist der DVD zu entnehmen, die hier bestellt werden kann. Konrad konnte leider nicht vorbeikommen, doch schickte er eine „Grußbotschaft“, in der wieder hochinteressante „nebensächliche Fakten“ enthalten waren.
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2007 stand u.a. wieder einmal eine Art „Familienzusammenführung“ an. Durch Anfrage an mich von einem Herr Kaschig wurde Konrad aktiv. Erich Kaschig, einer der alten Paperclip - Personen, war bekannt und die Verwandten in Deutschland wollten mehr über Erich wissen. So fand Konrad neue Hintergründe, die ich demnächst auch in der Paperclip-Liste ergänzen werde.

Ende 2007 stand DER Geburtstag an: Konrad wurde 95 Jahre! Meine Grüße, wie immer per E-Mail, lauteten folgendermaßen:
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Große „Aufregung“ schwappte Ende 2007 aus dem Medientrog wegen der freiheitlich-demokratischen Entscheidung eines Gremiums, eine Schule nach dem Sohn ihrer Stadt, Klaus Riedel, zu benennen. Dabei wurde immer „ausgeblendet“, dass Riedel, von Braun und Gröttrup nach ihrer Verhaftung im März 1944 schon fast unter dem Schafott standen! Ich diskutierte mit Konrad darüber und unterbreitete ihm meinen Vorschlag, ein Theaterstück schreiben zu lassen, wozu ich den technischen Rahmen und Randinformationen liefern wollte. Dazu brauchte ich aber „Insiderinformationen“ für den Librettoschreiber.
Konrad schrieb: „Ich kann Dir in dieser traurigen Angelegenheit wohl nicht viel helfen. Wir waren alle doch sehr entsetzt, da wir doch oftmals mit guten Freunden die Möglichkeit der friedlichen Raumfahrt diskutierten. Wir hofften alle dass das nach dem Kriege geschehen würde. Viele von uns sahen das als den Hauptgrund der Raketenentwicklung. Wir wollten zum Mond und zum Mars.
Ich selber habe weder mit Wernher noch mit seinem Bruder Magnus je nach der Entlassung aus der Verhaftung mit ihnen darüber gesprochen. Wir wurden alle sehr vorsichtig. Mit der SS war nicht zu spaßen.
Glaubst Du denn, dass eine Theatervorführung an der Volksmeinung was ändern wird? Lass die Dummen doch dumm sterben. Sie sind hoffnungslos! Die Raumfahrt entwickelt in der ganzen Welt doch immer mehr Interesse, und vielleicht wachen die Deutschen doch auch noch auf, und sehen, was sie verpasst haben.“
Ich ließ es also vorerst sein und begnügte mich mit einem „Offenen Brief

Im April 2008 standen der 100. Geburtstag und der 20. Todestag von Eberhard Rees an. Vor über 10 Jahren schon hatte ICH die Story „ausgegraben“, dass Rees durch Vermittlung des Dresdner Professors Enno Heidebroek nach Peenemünde kam (Veröffentlicht im Jahrbuch Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt - Lilienthal-Oberth e.V. (DGLR). – Bonn; ISSN 0070-4083. - 1996, S. 1345-1350; CD Raketenerbe - Der Beitrag der Technischen Hochschule Dresden, 2004). Heute steht das in WIKIPEDIA als Weltwissen ohne Quellenangabe… Übrigens als Ergänzung dazu: Heidebroek war bis zum Tod seiner Frau als Betriebsdirektor zuständig für den Aufbau der Produktionsanlagen in Peenemünde! Als seinen Nachfolger schlug er Dornberger Rees vor. Das alles schrieb ich Konrad und er antwortete: „Dein Auszug über Rees ist sehr interessant. Man hat ihn oft unterschätzt. Er war immer sehr ruhig und zurückhaltend, blieb oft im Hintergrund. Er war das ganze Gegenteil vom Wernher, daher aber sehr wichtig für ihn. Und das hat der Wernher wohl erkannt. Er hatte ja immer eine „gute Nase" für so etwas. Rees war oft die Bremse in Bezug auf Wernher's große Ideen. Er war aber sehr genauigkeitsorientiert, machte alles sehr gründlich, und war der eigentliche Betriebsleiter in Peenemünde. Hier in den USA hat er dem Wernher ermöglicht oft seinen Wünschen und Ideen nachzugehen. Ohne Rees wären wohl viele Dinge für den Wernher nicht möglich gewesen. Rees war unbedingt „betriebswichtig".
Eins seiner größten Erfolge war die Leitung des „Tigerteams" bei NASA nach dem APOLLO I-Brand am Cape, die diesem Apollo Capsule Contractor zur Seite stand und in Kürze die Capsule komplett in ein sicheres Gebilde umwandelte. Ohne Rees und das „Tigerteam" hätten wir die Mondlandung nicht zur Zeit geschafft, vielleicht ganz und gar nicht. Rees war von allen Mitarbeitern stets hoch angesehen und geschätzt. Trotz dieser Situation gibt es hier in den USA leider keine große Rees Feier.“

An meinem Geburtstag im Jahr 2008 wurde in den USA der Washington's Birthday gefeiert. Alle sagen aber nur „Presidents' Day“ und auch Konrad schickte mir eine persönliche „Note“, die eine hervorragende Überleitung zur davor gelegenen Feierlichkeit darstellt: „Zu Deinem heutigen Geburtstage an diesem "Präsidenten Tage in USA" wünsche ich Dir alles Gute und Beste, vor allem Erfolg mit all Deinen vielen Plänen! Hier ist es ein allgemeiner Feiertag und alle bleiben daheim.
Wo gerade von Feiertagen die Rede ist, Du bist ja sicher auf dem Laufenden mit all unseren Feierlichkeiten zum 50-sten Jubiläum des ersten Explorer Lauches, und hast die Bilder die gemacht wurden.
Wir hatten die Tochter vom Sergey Korolev eingeladen wegen der Wichtigkeit der ersten beiden Sputnik Launches für das von Braun Team. Wenn sie nicht erster gewesen wären, dann hätte Eisenhower nicht die NASA gegründet, und wir wären wohl noch nicht auf dem Mond gewesen! Hindsight 50 Jahre später sagt es uns das!“
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Ab dem Sommer 2008 wechselten unsere E-Mails des Öfteren unter dem Slogan „Ein Aggregat 2 für Huntsville?“ Meine Erfahrungen beim Bau von 1:1-Modellen für Kummersdorf und Borkum ermutigten mich, auch dem US Space and Rocket Center für den in diesem Jahr anstehenden 75. Jahrestag des Erststarts der Raketen vom Typ A2 ein „Steely Mock up“ anzubieten…

Anfang Dezember 2008 hatte Konrad eine Speiseröhrenverstopfung: „Mir geht's soweit wieder gut, nachdem eine Essenansammlung in meiner Speiseröhre ein Sonntagstreffen der „Freunde Deutscher Kultur“ vermasselt hatte. Jackie nahm mich zum ER (Emergency Room) im Huntsville Hospital, wo unter Narkose das unverdaute Essen in der Speiseröhre mit einem medizinischen Instrument in  den Magen gestoßen wurde. Ich konnte aber noch am selben Abend nach Hause gehen. Da meine Speiseröhre noch eine Verminderung des Durchmessers hat, wird diese Procedere am letzten Tag dieses Jahres noch mal wiederholt. Da ich auf Blutverdünner bin, konnte dies nicht sofort gemacht werden. Ich hoffe, dass das neue Jahr besser anfängt,
Es interessiert Dich vielleicht, dass eine Schifffahrtrettungsgruppe von sechs Leuten aus Weißenfels Ende Februar hier sein wird. Diese Gruppe hat ihr neuestes Rettungsboot für die Saale auf den Namen Konrad Dannenberg getauft. Diese sechs wollen  mich nun persönlich kennen lernen. Bisher haben wir uns nur gemailt“.

Als Ergänzung hierzu ist zu sagen, dass in Weißenfels am 7. Juni 2008 eine Rettungsboottaufe stattfand. Ein Mehrzweckarbeitsboot wurde nach Rücksprache mit Konrad auf seinen Namen getauft. In der Vorentscheidung waren 12 Vorschläge eingereicht worden, die zur Wahl standen. Das Ergebnis war eindeutig. Insgesamt 605 Stimmen wurden abgegeben. 351 davon (58%) entfielen auf den Vorschlag „Konrad Dannenberg“. Unter dem Beisein von Staatssekretär Rüdiger Erben erhielt das Boot - nach altem Brauch - seinen neuen Namen.

In einer seiner letzten Mails an mich erhielt ich am 6. Januar 2009 die Information, dass Konrad endlich daran gegangen ist, seine Memoiren auf den neuesten Stand zu bringen: „Ich arbeite mit einem deutschen Science und History Schreiber aus Tübingen, um einen Teil meiner Memoiren von den letzten Kriegstagen und der Überfahrt nach USA zu veröffentlichen. Dabei will ich auch alle Peenemünder Prüfstände erwähnen, und da lässt mein Gedächtnis viel zu wünschen übrig. Kannst du helfen?“
Selbstverständlich schickte ich das Gewünschte und ergänzte meine Tabelle immer wieder (letztmalig am 13. Februar) und wunderte mich aber, dass ich keine Antwort mehr erhielt…

Denn schon kurz nach seiner letzten Mail an mich stürzte Konrad mit seiner Gehhilfe im Haus und musste ins örtliche Militärhospital. Von dort ging es in die Rehaklinik. Hier wollte er auch bleiben, bis die zwischenzeitlich in seinem Haus angelaufenen Umbaumaßnahmen abgeschlossen waren, wie z.B. die Türen verbreitern oder das Bad behindertengerecht umgestalten, damit er mit seinem E-Rollstuhl im Haus sich besser bewegen konnte.

Der Tod kam überraschend und schmerzlos am 16. Februar 2009 um 07:00 Ortszeit. 

Ein Freund ist gegangen, doch die Erinnerungen werden ewig bleiben.
Lieber Konrad, ich danke dir für alles.
Dein Olaf
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© Przybilski

 

01: Portrait Konrad Dannenberg
 
 

02: Am Cape
 

03: AIAA Titelblatt
 

04: Konrad am PC
 

05: Cover farbig
 

06: Cover Leder
 

07: Schlüssel HAP1
 

08: Schlüssel HAP2
 

09: Konrad am Antriebsblock
 

10: Karte
 

11: Wir Drei
 

12: Konrad Galerie
 

13: last picture