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Aggregat - Personen - Biographien - Krüger  

Reinhold Krüger ist heimgegangen

Reinhold Krüger, geboren am 18. Februar 1930, verstarb am 29. Mai 2005 nach schwerer Krankheit um 02:00 MESZ in seinem Haus in Koserow. „Der einsame Rufer aus Usedom“, der Kämpfer für eine objektive Betrachtung der Rakete Aggregat 4 vor Ort ist nicht mehr.

Mein lieber Freund Reinhold hatte den letzten Kampf verloren gegen einen Feind, gegen den man kaum gewappnet ist. Umso mehr konnte seine „innere Haltung“ allen „Angriffen“ der „Feinde von Peenemünde“ souverän standhalten. Seine Erlebnisse und der nüchterne Umgang mit der Raketengeschichte färbte auf viele ab. Ich möchte mich da einschließen. Nicht nur das gleiche Geburtsdatum verbindet, mit einigen Jahrzehnten Unterschied sicher, das uns als Wassermänner zu einem verträglichen Menschenschlage werden lässt, auch dass er und ich seine Tochter Ariane nannten, ist schon verblüffend…

Seit Jahren war Reinhold das „wandelnde Lexikon“ wenn ich in Fragen Aggregat 4 nicht weiter kam. Mit ungeahnter Präzision, Geduldigkeit und immer mit einem Lächeln in der Stimme erläuterte er Zusammenhänge und „feuerte“ die exakte Begriffsbezeichnung auf den Gegenüber ab, bis er ihn „gefressen“ hatte. Entwaffnend begann er mir gegenüber immer mit „Olaf mein Jung…“.

Da ich in den letzten Jahren recht viel an Material über das A4 zusammentragen konnte, hatte ich mir eine Besonderheit für Reinhold aufgehoben: Er sollte erstmalig an einer A4-Brennkammer das Brennstoffhauptventil montieren. Immer wieder versprach er mal bei mir vorbei zu kommen, wenn er bei seiner Tochter in der Nähe Dresdens war. Es verbleib dafür irgendwie nie die Zeit …

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass er immer technisch exakt bleiben wollte, ohne richtungsweisende, geistige Beeinflussung. So war es ja auch verständlich, dass er sich die immense Arbeit „aufhalste“, die Filmrollen im Archiv in Peenemünde zu sichten, obwohl er ja nicht mit dem Leiter auskam. Kam ich auch nicht, doch ich denke, eine grundanständige Verständigung mit seinem Gegenüber sollte man an den Tag legen, auch wenn man ihn nicht „riechen“ kann. So schätze ich den Reinhold auch ein – immer exakt und fair weil es der Sache nützte. Amositäten hat er uns selten mitgeteilt. Und auch nicht en detail, was ihn so in seinem Arbeitsleben begleitete. Deshalb im Anschluss ein Lebenslauf.

Was bleibt ist die Ernüchterung zu wissen, dass uns Reinhold ewig fehlen wird. Doch sein Geist wird mich immer begleiten und beflügeln, sein Werk fortzuführen.

© Olaf Przybilski im August 2005

Seine Tochter übergab mir in Tabellenform die (beruflichen) Hauptetappen seines Lebens:

  • 1936 – 1944 Schulzeit Volksschule Koserow
  • Bis 1945 Lehre in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde HVP, Verlagerung ohne Abschluss und Demontage in Peenemünde
  • 1946-47 Beendigung der Lehre
  • 1949 Dreher in der Autoreparaturwerkstatt Hörter in Koserow
  • Ab 1953 bis 1990 Dreher auf der Peenewerft Wolgast im 2 bis 3-Schicht-System
  • 1957-1958 Bau des Einfamilienhauses
  • 26.09.1958 Eheschließung mit Ingrid Liebrenz (verstorben am 05.10.1995)
  • 17.06.1965 Geburt seiner Tochter Ariane
  • Ab 1989 verstärktes Interesse an der Aufarbeitung der Geschichte von Peenemünde
  • Kontakte mit ehemaligen Mitarbeitern der „Wernher von Braun- Gruppe“ in Deutschland und in den USA, Besuch der Raumfahrtzentren in den USA
  • Ab 1995 Reisen nach Ägypten, Kenia, Kapverdische Inseln , Mauritius, Zypern , Dominikanische Republik, Türkei, Italien , Polen, Kroatien; Erfüllung dieses Jugendtraumes mit seiner Lebensgefährtin Heidrun Wonneberger
  • Beigesetzt in Koserow

 

Zur Trauerfeier am 4. Juni sandte ich meinem lieben Freund
einen letzten Gruß:

© Przybilski